Die Hitze ist schon früh morgens für ein „Semmerl“ wie mich eine echte Herausforderung. Ich bin eigentlich durchgehend nass, entweder vom Schweiß der mir den Körper runterläuft oder vom Wasser der Dusche die ich nach dem Heimkommen sofort aufsuche. Wir sind einfach nichts gewohnt.
Wir treten aus dem Hotel und fahren mit einem erneut sehr redefreudigen Taxifahrer zu unserer nächsten Station. Während der Fahrt fallen mir wieder die riesigen Bilder des Thailändischen Königs auf, der auf uns herunterblickt. Ich habe gemischte Gefühle wie er da so übergroß hängt und mich anschaut. Er hat sicher auch schon bemerkt dass ich nicht einheimisch bin, so ungeübt wie ich mich hier anstelle.

Wir steigen an einer Bahnstation aus. Mein Mund steht wieder offen, langsam wird es peinlich. Bangkok passiert auf unterschiedlichen Ebenen. Es gibt Straßen, die durch Brücken in der Luft schweben, aber auch Straßen am Boden. Irgendwie ist das ein seltsam schöner Anblick. Es gibt mir das Gefühl wirklich in Asien zu sein, wie ich es in den Galileo-Dokus schon tausende Male gesehen habe. Ich kann es euch garnicht richtig nacherzählen und glaubt mir, hätte ich
keine Bilder davon würde ich kläglich daran scheitern. Langsam fange ich an an den riesigen Betonblöcken atemberaubende Schönheit zu erkennen. Es fühlt sich alles anders an als daheim und das Gefühl gefiel mir mehr und mehr.




Bevor wir aber nun zu besagter Familie fuhren besuchten wir noch das „Museum of Contemporary Art“ – und ich kann euch nur sagen, WOW, damit hab ich nicht gerechnet. Die Eingangshalle sah aus als ob wir uns gerade mitten nach London gebeamt hätten, zu irgendeinem krassen Kunstmuseum mit Dingen die ich nicht verstehen werde. Ich weiß nicht warum ich immer den Gedanken hatte dass Thailand in irgendeiner Form dem Rest der Welt nachstehen könnte. Ohne es zu ahnen habe ich mich nämlich in einige der Werke fast schon verliebt.
Sureena hatte es sich einstweilen in der Cafeteria bequem gemacht, sie war auch erschöpft von dem heißen Wetter, was mir irgendwie wieder Mut gab wenn sogar sie mal eine Pause brauchte, und ich nutzte die Zeit um etwas zu stöbern. Ich habe wirklich keine Ahnung von Kunst, aber es war atemberaubend schön. Das waren Werke die man minutenlang anstarren konnte, und immer wieder fand man Neues. Von moderner Kunst, über alte Masken aus Asien, bis hin zu lebensechten Tierfiguren. Ach, ich lasse euch ein paar Bilder da, dann könnt ihr daran teilhaben. Aber wehe ihr fahrt nicht nach Thailand und schaut sie euch selbst an!

Nach dem Museumsbesuch machten wir uns auf den Weg um mit dem Zug nach Lopburi zu fahren. Sureena wollte mir einfach alles zeigen und ich nahm alles als riesen Abenteuer an, und das war es auch. Alles war einfach völlig anders als Daheim, sogar ein einfacher Zug. Es fing schon am Gleis an, als eine wirklich alte Dame mit Warnweste auf den Bahnsteigen herumwandelte um vor einfahrenden Zügen zu warnen. Ich habe sie auf 90 geschätzt, aber sie war dennoch quietschfidel (und wahrscheinlich auch noch etwas jünger).
Im Wagon angekommen (wir hatten uns Sitzplätze für umgerechnet ein paar Euro gebucht) strömten sofort Straßenhändler herein, die durch die Sitze gingen um kalte Getränke und Snacks zu verkaufen. Schon wieder etwas das ich liebte, mein „Ich-bin-doch-hier-in-einem-Film“-Gefühl wollte gar nicht mehr aufhören. Ich schaute aus den staubigen Fenstern wie wir langsam aus Bangkok herausrollten, und erhaschte wieder Blicke auf verschiedenste Menschen, Bauwerke und Fahrtkonstruktionen. Ich ahnte nicht, wie sehr ich noch „Heimweh“ nach Bangkok bekommen würde, ja, ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt noch unbemerkt in die Metropole verliebt. So schnell kann es manchmal gehen!



Je länger wir fuhren desto hügeliger wurde die Landschaft, und desto mehr ging mein Herz auf. Meine Berge waren zurück. Ich gaffte wie eine Irre nach draußen und studierte jeden Meter Landschaft, jeden Hügel. Nach etwas über einer Stunde kamen wir am Bahnhof in Lopburi an, ein schönes kleines Gebäude, an dem uns Sureena’s Schwester abholte (oder Nicht-Schwester, wie ich ja später noch feststellte). Kaum aus dem Bahnhof heraus rannten überall schon Affen herum, sie kletterten über Stromleitungen, saßen auf den Bordsteinen wie kleine Affen-Gangs, zu denen man lieber kein falsches Wort sagte, und lausten sich genüsslich in dem thailändischen Backofen. „Die Affen sind hier wie Tauben, eine Plage für die Stadt“ erkläre Sureena. „Sie klauen alles wenn du nicht aufpasst, hier in der Stadt finden sie nicht genug Fressen, außer die Menschen füttern sie!“
Mitten in Lopburi ist nämlich der Affentempel, und deswegen ist die Stadt von Affen überströmt. Weil die Tiere zum Tempel gehören und somit Teil der heiligen Stätte sind will niemand sie richtig vertreiben. Außerdem bringen sie Touristen und somit Geld mit sich. Es sind wirklich überall große Affenbanden, ich finde sie entzückend, möchte ihnen aber auch nicht zu nahe kommen. Wir fahren weiter durch die Stadt, und das war die erste Stadt in meinem Leben in der ich mich sofort richtig wohl gefühlt hab. Die geraden Straßen, die wirklich schönen Gebäude und all die Pickups die herumkurvten, kurz dachte ich wir hätten uns in eine Amerikanische Kleinstadt verirrt.
Kurz darauf kamen wir bei Sureena’s Familie an, sie wohnten in einem wirklich schönen Haus mit einem Nebengebäude aus Holz, in dem ausschließlich gekocht und gegessen wurde. Überall waren Kinder und Tiere, und ich war mal wieder das einzig weiße Wesen weit und breit. Ich wurde sofort reingebeten, und begrüßte alle (wie ich es gelernt hatte) mit einer Verbeugung und den Worten „sawasdee kaa!!!“ Es wurde wild geplappert und gelacht, alle hatten gute Laune. Mein riesiger, kiloschwerer Kamerarucksack wurde von meinem Rücken entfern und wir saßen in einer Art Wohnzimmer auf dem Boden. Sureena’s Mama und ihre Zwillingsschwester waren bei uns, und es wurde wild über die Einkaufsliste spekuliert, mit Händen und Füßen.
Noch heute rieche ich den Duft der Creme, mit der sich die zwei alten Damen gegen Mosquitos eingecremt haben, der minzig herrliche Duft der mir in die Nase stieg und den gesamten Raum füllte. Der Minzduft weckt schöne Erinnerungen ganz tief in mir, denselben Duft hatte auch eine Creme meiner Oma, und obwohl Österreich und Thailand tausende Kilometer voneinander entfernt sind, sind wir uns in solchen banalen Dingen doch so nah – auch wenn es nur dieselbe Creme ist.
Plötzlich sprangen alle auf und wir wurden in einen Pickup gestopft, Kind und Kegel, und wir fuhren los zu einer großen, schön beleuchteten Halle, einem Night-Market. Auf dem Parkplatz reihen sich ausnahmslos Pickups aneinander, soweit das Auge reicht, und ich komme mir plötzlich noch viel mehr vor als wäre ich plötzlich in den USA gelandet.
Wir stürzten aus dem Wagen als die Türen geöffnet wurde, und ich hatte gar nicht bemerkt dass es sich einer von Sureena’s Verwandten auf der Ladefläche gemütlich gemacht hatte. Wir betraten den riesigen Markt, und mal wieder stand mein Mund offen. Die Halle war voller kleiner Stände, und an jedem wurden Dinge gekocht, zerteilt, und abgewogen. Es war alles voll mit Lebensmitteln. Und Menschen.
Und plötzlich verstand ich Sureena wenn sie sagte, Europa ist einfach anders. Das Gefühl hier von Gesellschaft, dass man Abends einfach nochmal auf einen riesigen Markt geht um einzukaufen, ist viel schöner als sich mit anderen Verrückten durch einen Supermarkt zu schieben. Noch dazu rochen und schauten alle Dinge so viel intensiver aus als bei uns in Europa. Sureena, ich verstehe warum du deine Heimat so liebst und vermisst. Alles dort ist so viel mehr „Daheim“. Das ganze Leben dort ist auf Essen und Beisammensein ausgelegt, und das Gefühl vermisse ich noch heute wenn ich zurück an diesen Abend in Thailand denke.
Wir schoben uns durch die Stände und es gab eine Kuriosität nach der anderen. Dazwischen spielten Kinder, Hunde strichen durch die Gänge, und es wurde laut gesprochen und wild gestikuliert. Ich mochte die Thaileute einfach, wie sie sich bewegten, wie sie mit geprüftem Auge die Lebensmittel checkten und die genaue Mengen in die Waagschalen schmissen die vom Gegenüber angeschafft wurden. Es beschleicht mich eine solche Sehnsucht nach den Thais wenn ich das Revue passieren lasse.
Sureena’s Verwandter (ich kann euch nicht sagen welchen Grad an Verwandtschaft er hatte, es war ein junger Mann der nur mitgekommen war um die Tüten zu tragen) trottete brav hinter uns her, während Sureena sich souverän zwischen den Ständen herbewegte und ihre Liste abarbeitete. Hier wurden Rippen in zwei Hälften geschlagen, dort zappelte noch ein Fisch auf dem Hackbrett, ich hatte mich an alles bereits gewöhnt. Das Einkaufen ging ruck zuck und schon wurden wir wieder in den Pickup gestapelt, um die gefühlt 10 Meter wieder zurück nachhause zu fahren. Es standen schon alle bereit um die eingekauften Waren von der Ladefläche entgegen zu nehmen, und alles wurde in die Holzhütte gebracht.
Vor der Hütte stapelten sich alle Arten von Schuhen, aus allen erdenklichen Materialien, vom Holz bis zum Autoreifen. Der Boden drinnen war gefliest, in der Mitte stand ein riesiger, massiver Holztisch, auf der rechten Seite war eine Küchenzeile. Sofort nahmen die Jugendlichen Lebensmittel und fingen an zu Kochen, und komischerweise überraschte mich der Anblick wie selbstverständlich die jungen Leute einfach Essen zubereiteten. Später betrat Sureena‘s Onkel die Hütte, begrüßte alle mit gefalteten Händen, scherzte noch schnell über Sureena und stellte sich dann an die Küchenzeile und Kochte. Seine Frau wusch nebenbei etwas Gemüse und schmeckte immer mal wieder ab. Ich fand es lustig zu sehen wie sie alle Sureena begrüßten, sie hatten sich durch Corona doch eine ganze Weile alle nicht gesehen, sie schienen aber als würden sie sich täglich treffen und neckten sich gegenseitig (glaubte ich jedenfalls). Diese liebevoll trockene Art der Thais mochte ich.
Es wurde Aufgekocht wie verrückt und es versammelten sich immer mehr Menschen um den Tisch, Jung und Alt, und alle quatschten und Lachten lauthals. Völlig selbstverständlich wurde ich aufgenommen, und genauso selbstverständlich wurde für mich extra etwas vegetarisches gekocht. Auf dem Tisch standen nun mehrere Schüsseln und Teller mit den verschiedensten Speisen, jeder nahm sich was er mochte. Manchmal standen wieder Jugendliche mitten unter dem Essen auf und fingen an erneut Dinge zu kochen. Jeder aß und quatsche, daneben saßen noch einige Frauen die Fleisch zuputzten und in Häppchen für den nächsten Tag schnitten. Ich saß am Tisch mit Studenten, einer Sängerin, mehreren Kindern, Der „Bürgermeisterin“ von Bangkok, und vielen weiteren Persönlichkeiten. Es war ein tolles Gefühl.
„Wir müssen morgen um 05:00 Uhr aufstehen!“ Uff. Wie war das mit dem tollen Gefühl?
Zum Glück war Sureena von unserem Programm genauso erschöpft wie ich, und wir machten uns erst um sieben auf den Weg. Glück gehabt.
Travel Tipp:
- Besucht unbedingt das Museum of Contemporary Art (MOCA Bangkok). Auch als Nicht-Kunstexpertin war ich wirklich begeistert (und es ist klimatisiert). Der Eintritt hat 300 THB (umgerechnet 8,49 EUR) gekostet. Studenten kosten etwa die Hälfte.
MOCA Museum of Contemporary Art, 499 Kamphaengphet 6 Road, Ladyao, Chatuchak, Bangkok 10900 Thailand
- Ich hab mich in Lopburi und den Night Market sofort verliebt. Ich bin mir ziemlich sicher dass wir hier waren, kann es euch aber auch nicht mehr genau sagen weil ich auch nur „verschleppt“ wurde:
Z-ONE Night Market, 58, Tha Sala, อ.เมือง, Lopburi 15000, Thailan
- Wenn ihr auch nur die geringste Chance habt mit Einheimischen zu reisen, macht das! Ich hätte all das nie erlebt wäre ich nicht mit Sureena unterwegs gewesen. Das Kochen zusammen mit ihrer Familie war ein Highlight für mich.